Urteil zu Pflegekammer: Zwangsmitgliedschaft ist rechtens

RA Thorsten Siefarth - LogoSeit dem 1.1.2016 gibt es in Rheinland-Pfalz eine Pflegekammer. Darin werden alle Berufsangehörigen der Pflegeberufe in einer eigenen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung gebündelt. Damit verbunden ist aber auch eine Zwangsmitgliedschaft. Das Verwaltungsgericht Mainz hält das in einem gestern veröffentlichten Urteil (pdf, 0,3 MB) für rechtens und sieht darin keinen Verstoß gegen die Verfassung.



Verstoß gegen das Grundgesetz

Die Klägerin, eine examinierte Krankenpflegerin, verweigerte zunächst die Übermittlung ihrer beruflichen Meldedaten an den Gründungsausschuss der Kammer, dessen Aufgabe es u.a. war, die beruflich Pflegenden zu registrieren. Mit einer Klage an das Verwaltungsgericht begehrte die Krankenpflegerin sodann die Feststellung, dass sie kein Mitglied der Pflegekammer sei. Sie machte geltend, die Vorschriften des Heilberufsgesetzes, mit denen die Verkammerung von Angestellten in Pflegeberufen geregelt worden seien, verstießen gegen das Grundgesetz; allenfalls eine Mitgliedschaft in der Interessenvertretung auf freiwilliger Basis sei rechtlich hinnehmbar.

Gericht: Sachgerechte Vertretung

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Der Landesgesetzgeber habe die Errichtung der Landespflegekammer mit Pflichtmitgliedschaft ohne Verstoß gegen Grundrechte geregelt.

Die mit der verpflichtenden Kammerzugehörigkeit verbundenen Einschränkungen seien auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung gerechtfertigt. Mit der Bündelung aller Berufsangehörigen der Pflegeberufe in einer eigenen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung solle der Berufsstand zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und der Qualität in den Pflegefachberufen im öffentlichen Interesse gestärkt werden. Von einer Vereinigung mit freiwilliger Mitgliedschaft könne nicht in gleicher Weise erwartet werden, dass diese eine sachgerechte Vertretung des Gesamtinteresses aller Berufsangehörigen gegenüber anderen Heilberufen, Krankenkassen und sonstigen Entscheidungsträgern im Gesundheitsbereich leistet.

Die Pflichtmitgliedschaft führe auch hinsichtlich des zu leistenden Kammerbeitrags nicht zu einer erheblichen, die Grenze der Zumutbarkeit überschreitenden Belastung.

Referenz: Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 6.4.2017, Az. 4 K 438/16.MZ (pdf, 0,3 MB)

Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Mainz vom 30.5.2017

2 Gedanken zu „Urteil zu Pflegekammer: Zwangsmitgliedschaft ist rechtens

  • 17. Januar 2024 um 11:26 Uhr
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    Januar 2024

    Nun soll es ja in Baden-Württemberg zu einer Pflegekammer kommen, vorausgesetzt das momentane Quorum für eine Pflegekammer erreicht mehr als 60 Prozent.
    Die Art und Weise des Quorum finde ich persönlich sehr undemokratisch. Denn wer für eine Pflegekammer ist muss nix tun, wer dagegen ist muss schriftlich Einwand geben. Sollte eine Wahl nicht prinzipiell aktiv statt finden. Wissen wir doch selbst, der Mensch neigt zu Bequemlichkeit und tut oft gern nix. Was in diesem Fall evtl. fälschlicherweise für ein Ja sorgen könnte, obwohl dem Bequemen ein Nein lieber gewesen wäre.
    Hätte eine Klage gegen dieses Qurom Aussicht auf Erfolg?

    Grüße aus dem Schwabenländle
    Mirko

    Antwort
  • 7. Februar 2024 um 14:44 Uhr
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    Ich halte dieses Vorgehen, das Schweigen Zustimmung bedeutet, für mehr als rechtlich fragwürdig und es würde mich interessieren wie das juristisch beurteilt wird.
    Des Weiteren ist der Zwang Fortbildungsmaßnahmen nachzuweisen fragwürdig – vor allem wenn das Pflegepersonal diese Maßnahmen aus eigener Tasche bezahlen und Freizeit opfern soll. Und was wenn man diese Fortbildungen nicht nachweist? Wird man dann ausgeschlossen oder wird Berufsverbot erteilt? Auch hier würde mich mal die Rechtsgrundlage interessieren.
    Abgesehen davon halte ich es eh für wahrscheinlicher das Pflegepersonal dem Pflegeberuf den Rücken kehren wird.

    Antwort

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