Seit dem 1. Juli können Menschen mit Demenz höhere Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. So sieht es das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vor. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) empfiehlt in seinem Gutachten, ob Pflegebedürftige den Grundbetrag von monatlich 100 Euro oder den erhöhten Betreuungsbetrag von 200 Euro bekommen. Wie das Begutachtungsverfahren aussieht, regelt die „Richtlinie zur Feststellung von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz und zur Bewertung des Hilfebedarfs“ (PEA-Richtlinie).
Anspruch auf diese Leistung haben Pflegebedürftige der Pflegestufen I, II und III, aber auch Personen mit einem Hilfebedarf unterhalb der Pflegestufe I. Viele Demenzkranke gingen bisher leer aus, weil ihr Hilfebedarf in Bezug auf die Verrichtungen des täglichen Lebens für die Zumessung der Pflegestufe I nicht ausreichte. Auch die Bewohner von Pflegeheimen, die an einer dementiellen Erkrankung leiden, werden ein Mehr an Leistungen erhalten: Für je 25 Demenzkranke soll es künftig eine zusätzliche Betreuungskraft geben.
Mit den neuen Leistungen sollen insbesondere die Pflegenden entlastet werden, die Versicherten selbst sollen von aktivierenden und qualitätsgesicherten Beratungsangeboten profitieren. Die Leistungen werden deshalb nicht als Geldleistungen ausgezahlt, sondern die Versicherten können damit qualitätsgesicherte niedrigschwellige Betreuungsangebote nutzen und mit der Pflegekasse abrechnen oder Tages-, Nacht- bzw. Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen.
Wer erhält die Leistung?
Ein Kriterienkatalog mit insgesamt 13 Einzelaspekten gibt Aufschluss darüber, ob ein „erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf“ vorliegt. Das sind:
- Weglauftendenz
- Verkennen oder Verursachen gefährlicher Situationen
- unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen
- tätlich oder verbal aggressives Verhalten
- in der Situation nicht angemessenes Verhalten
- Unfähigkeit, die eigenen körperlichen oder seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen
- Unfähigkeit zur Kooperation aufgrund einer Depression oder Angststörung
- Beeinträchtigung des Gedächtnisses und herabgesetztes Urteilsvermögen, die zu Problemen bei der Alltagsbewältigung führen
- Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus
- Unfähigkeit, den Tagesablauf eigenständig zu planen
- Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen
- ausgeprägt labiles und unkontrolliertes emotionales Verhalten
- Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit aufgrund einer nicht therapierbaren Depression
Um Anspruch auf den monatlichen Grundbetrag von 100 Euro zu haben – dazu muss eine „erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz“ vorliegen -, müssen zwei verschiedene Kriterien mit „ja“ beantwortet werden. Mindestens einmal muss ein Kriterium aus den Bereichen 1 bis 9 positiv beantwortet werden.
Den erhöhten Betreuungsbedarf in Höhe von 200 Euro erhalten Antragsteller, wenn zusätzlich zu den genannten Kriterien mindestens einmal bei den Aspekten 1, 2, 3, 4, 5, 9 oder 11 ein „Ja“ angegeben wird.
Unbürokratische Übergangsregelungen
Erhält jemand bereits den alten zusätzlichen Betreuungsbetrag, so bekommt er künftig den monatlichen Grundbetrag ohne neuerliche Prüfung.
Ähnlich unbürokratisch soll verfahren werden, wenn ein PEA-Assessment bereits vorliegt und jetzt der erhöhte Betrag von bis zu 200 Euro monatlich beantragt wird. Dann prüft zunächst die Pflegekasse nach Aktenlage. Wenn die Voraussetzungen für den erhöhten Betreuungsbetrag vorliegen, gewährt die Pflegekasse den erhöhten Betrag von bis zu 200 Euro. Eine Begutachtung durch den MDK wird nur bei Versicherten notwendig sein, die bisher keine Pflegeleistungen beantragt haben. Diese Umsetzungsempfehlung gilt zunächst nur bis zum 31. Dezember 2009.
Quelle: Pressemitteilung des MDS vom 3.7.2008