Krankenkasse muss 73jährigem Mann keine Perücke zahlen

RA Thorsten Siefarth - LogoSeit seinem 45. Lebensjahr leidet ein Mann aus Rheinland-Pfalz krankheitsbedingt an völliger Haarlosigkeit. Die gesetzliche Krankenversicherung hatte ihn bis zum Alter von 68 Jahren immer wieder mit einer Perücke versorgt. Als er mit 73 Jahren dann erneut einen Antrag stellt, lehnt die Kasse ab. Zu Recht, wie kürzlich das Bundessozialgericht entschieden hat. Das Gericht stellt dabei vor allem auf das Alter ab.



In der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts heißt es zur Begründung:

Der alleinige Verlust des Kopfhaares bei einem Mann ist jedoch nicht als Krankheit zu werten, weil er weder die Körperfunktionen beeinträchtigt noch entstellend wirkt. Die überwiegende Zahl der Männer verliert im Laufe des Lebens ganz oder teilweise ihr Kopfhaar. Dadurch erregen Männer aber weder besondere Aufmerksamkeit im Sinne von Angestarrt-Werden noch werden sie stigmatisiert. Demgegenüber tritt bei Frauen aus biologischen Gründen in der Regel im Laufe des Lebens kein entsprechender Haarverlust ein. Eine Frau ohne Kopfhaar fällt daher besonders auf und zieht die Blicke anderer auf sich. Dieser bei Frauen von der Norm deutlich abweichende Zustand ist – wenn er entstellend wirkt – krankheitswertig, sodass die Versorgung mit einer Perücke bei Frauen Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein kann.

Und weiter:

Männer sind allerdings nicht vollständig von der Versorgung mit Vollperücken zu Lasten der Krankenversicherung ausgeschlossen. Ein solcher Anspruch kann bestehen, wenn der Haarverlust nicht allein die Kopfbehaarung, sondern auch die übrige Behaarung des Kopfes wie Brauen, Wimpern und Bart erfasst. Ein solcher Haarverlust geht über den typischen männlichen Haarverlust hinaus und kann insbesondere bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen Aufsehen erregen. Je nach Alter des Mannes und Aussehen des unbehaarten Kopfes kann in einem solchen Fall daher eine auffallende, entstellende Wirkung vorliegen, die Krankheitswert besitzt. Eine entsprechende Wirkung hat der haarlose Kopf des zum Zeitpunkt der Beschaffung der Perücke deutlich über siebzigjährigen Klägers hingegen nicht. Nicht maßgeblich ist dabei, ob der Betroffene seine Haarlosigkeit subjektiv entstellend empfindet. Die beklagte Krankenkasse hat es daher zu Recht abgelehnt, den Kläger mit einer Perücke zu versorgen.

Referenz: Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.4.2015, Az. B 3 KR 3/14 R

Quelle: Pressemitteilung des Bundessozialgerichts Nr. 8/15 vom 22.4.2015

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