Ein Mann aus dem Badischen wurde ca. zwei Monate untergebracht und zwangsweise medikamentös behandelt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nun in zweiter Instanz entschieden, dass die Ärzte bei der Begutachtung maßgebliche Standards missachtet haben. Damit lag keine ausreichende Beurteilungsgrundlage dafür vor, ob eine Eigen- oder Selbstgefährdung bestand. Dem Mann wurde wegen der rechtswidrigen Unterbringung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zugesprochen.
Fast zwei Monate untergebracht
Der damals 38-jährige Kläger wurde am 15.6.2007 von Polizeibeamten in eine psychiatrische Klinik gebracht. Die Beklagte ist die Trägerin dieser Klinik. Ärzte der Klinik beantragten beim zuständigen Amtsgericht Konstanz die Anordnung der Unterbringung des Klägers wegen einer „Psychose mit Verfolgungswahn“. Es sei von „Fremd- und Eigengefährdung“ auszugehen.
Das Amtsgericht Konstanz ordnete in mehreren Beschlüssen die Unterbringung des Klägers in der psychiatrischen Klinik an. Aufgrund dieser Entscheidungen blieb der Kläger bis zum 11.08.2007 gegen seinen Willen in der Klinik und wurde in dieser Zeit zwangsweise medikamentös behandelt.
Nach Entlassung des Klägers wurde auf dessen Antrag im Beschwerdeverfahren festgestellt, dass die Unterbringung rechtswidrig gewesen sei. Die Voraussetzungen einer Unterbringung hätten nach den Vorschriften des Unterbringungsgesetzes nicht vorgelegen. Der Kläger verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz im Wege der Amtshaftung für die durch die Unterbringung erlittenen Beeinträchtigungen. Zu der rechtswidrigen Unterbringung sei es nur auf Grund fehlerhafter ärztlicher Zeugnisse der verantwortlichen Ärzte gekommen.
Amtspflichtverletzung der Ärzte
Das Landgericht Konstanz hat die Klage abgewiesen, weil eine Amtspflichtverletzung der Ärzte nicht erkennbar sei. Dieses Urteil hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe nunmehr aufgehoben und dem Kläger für die knapp zweimonatige Unterbringung und zwangsweise medikamentöse Behandlung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR zugesprochen.
Eine Amtspflichtverletzung der Ärzte liege vor. Bei der Ausstellung der für die Unterbringung notwendigen ärztlichen Zeugnisse seien von den Ärzten grundlegende fachliche Standards missachtet worden. Für eine Gefährdungsprognose im Sinne einer Eigen- und Fremdgefährdung habe es keine Grundlage gegeben.
Unter diesen Umständen komme es nicht darauf an, ob bei dem Kläger zum Zeitpunkt der Unterbringung eine psychische Erkrankung vorgelegen habe, da eine psychische Erkrankung für sich allein – ohne Eigen- oder Fremdgefährdung – keine zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik rechtfertigen könne.
Schadensersatz für materielle Schäden wurde dem Kläger nur insoweit zugesprochen, als eine Verursachung der behaupteten finanziellen Einbußen durch die rechtswidrige Unterbringung nachzuweisen war. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Referenz: Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12.11.2015, Az. 9 U 78/11
Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19.11.2015