Pflegeunternehmen wird durchsucht: So verhalten Sie sich richtig!

RA Thorsten Siefarth - LogoDie Nachrichten über strafrechtliche Ermittlungen gegen Pflegedienste mehren sich. Wie der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) nun berichtet, wurden dieser Tage vierzehn Wohnungen und Büroräume eines Pflegeunternehmens im Großraum Halle durchsucht. Dabei wurden auch Akten beschlagnahmt. Der Pflegedienst soll über mehrere Jahre Leistungen abgerechnet haben, die gar nicht oder nicht wie angegeben erbracht worden waren.

Stehen Polizei und womöglich auch noch die Staatsanwaltschaft auf der Matte, dann stehen stehen Pflegekräfte – und selbst Leitungskräfte – erst einmal ziemlich geschockt da. Noch schlimmer ist es, wenn auch Wohnungen von Pflegebedürftigen betroffen sind. Da heißt es zunächst einmal: Ruhe bewahren! Außerdem sollte man nicht sofort auf Konfrontation schalten. Durch Freundlichkeit und Kooperation erreichen Sie letztlich meist mehr. Wie verhalten Sie sich aber ganz konkret in einer solchen Situation? Welche Rechte haben Sie? Hier gibt es wichtige Tipps.



Bevor es losgeht

  • Sie haben als Leiter eines Pflegeunternehmens das Recht bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Können Sie nicht mit angemessenem Aufwand benachrichtigt werden oder sind Sie unauffindbar, so muss, wenn möglich, ein Vertreter hinzugezogen werden.
  • Informieren Sie Rechtsanwalt und Zeugen und bitten Sie diese, hinzuzukommen. Bitten Sie die Polizei, deren Erscheinen abzuwarten.
  • Erfragen Sie den Grund der Durchsuchung und Angaben zum Einsatzleiter (Name, Dienstgrad, Dienstnummer, Dienststelle). Lassen Sie sich den Dienstausweis des Einsatzleiters zeigen. Notieren Sie sich alles.

Durchsuchung nur nach Angaben im Durchsuchungsbefehl

Lassen Sie sich den richterlichen Durchsuchungsbefehl zeigen. Wenn nicht vorhanden, so ist eine Durchsuchung nur bei „Gefahr im Verzug“ möglich. Was mittlerweile sehr selten ist, da die Anforderungen dazu sehr hoch sind.

Der Durchsuchungsbefehl muss enthalten:

  • vermutete Straftat
  • Zweck und Ziel der Durchsuchung
  • Ausmaß der Durchsuchung
  • exakte Umschreibung der zu durchsuchenden Objekte mit Angabe des Inhabers und dessen Anschrift
  • Begründung der Durchsuchung

Unterschrift des Richters
Achten Sie auf Zweck, Ziel und Ausmaß der Durchsuchung. Wird bspw. eine Tasche gesucht, so darf nicht Ihr PC „durchsucht“ werden.

Rechtsmittel

  • Sie können vor Ort Beschwerde einlegen (möglichst schriftlich gegenüber Einsatzleiter oder Amtsgericht als Adressat). Diese hat allerdings keine aufschiebende Wirkung, die Durchsuchung wird dadurch also erst einmal nicht verhindert. Die Beschwerde ist vor allem wichtig bei Schadensersatzforderungen, um dem Einwand auszuräumen, der Betroffene sei einverstanden gewesen.
  • Wird ausschließlich wegen Gefahr im Verzug durchsucht, dann fügen Sie einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung hinzu.
  • Beschwerde und Antrag sind auch nach erfolgter Durchsuchung noch möglich.

Durchführung der Durchsuchung

  • Verlangen Sie, dass die Räume nacheinander und einzeln durchsucht werden.
  • Sie haben keine Mitwirkungspflicht, durch gezielte Hilfe kann die Durchsuchung aber evtl. abgekürzt werden. Stichwort: Kooperation!
  • Verlangen Sie bei der Beschlagnahme von Dokumenten Kopien.
  • Unterlagen dürfen von der Polizei nur überflogen und müssen dann versiegelt werden. Nur Richter und Staatsanwälte dürfen Dokumente eingehend lesen.
  • Wenn Sie dringend auf Dokumente angewiesen sind: Legen Sie Widerspruch gegen Beschlagnahme ein und stellen Antrag auf richterliche Entscheidung. Manchmal hilft auch ein späteres Gespräch mit der Staatsanwaltschaft (sollte unbedingt der Anwalt führen).
  • Bei der Beschlagnahme von Dateien oder komplettem PC wirken Sie auf ein milderes Mittel hin. Schlagen Sie z.B. vor, Kopien auf CD, USB-Stick oder externe Festplatte zu machen. Evtl. ist auch die Spiegelung einer Festplatte auf eine externe Harddisk möglich.
  • Unterlagen, die Mitteilungen zwischen einem Betroffenen, bspw. dem Pflegebedürftigen, und einer zeugnisverweigerungsberechtigten Person enthalten, dürfen grundsätzlich nicht gegen den Willen des Betroffenen beschlagnahmt werden. Auch Kopien dürfen nicht erstellt werden.
  • Lassen Sie beschlagnahmte Gegenstände quittieren. Achten Sie darauf, dass die mitgenommenen Sachen möglichst exakt beschrieben werden. Das hilft später, wenn Sie Gegenstände herausverlangen. Bestehn Sie auf eine Bestätigung auch dann, wenn nichts mitgenommen wurde.
    Bei Beschädigungen sollten Sie Beweise sichern (z.B. Fotos, Berichte durch Zeugen).

Wichtig: Lassen Sie sich nicht in informatorische Befragungen verwickeln! Die passieren meist „nebenbei“ und mit dem Hinweis, es ginge nur darum, Sie zu entlasten. Lassen Sie sich dennoch nicht zu einer Aussage verleiten! Unterschreiben Sie nichts!

Wenn die Durchsuchung beendet ist

  • Verlangen Sie eine Mitteilung über Grund und Durchführung der Durchsuchung.
  • Legen Sie ggf. Beschwerde ein und stellen einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung (s.o.).
  • Sie können eine gerichtliche Untersuchung der Rechtmäßigkeit einer richterlich angeordneten Durchsuchung beantragen.
  • Auch eine Beschwerde über die Beschlagnahme kommt gegenüber Staatsanwaltschaft in Frage.
  • Evtl. bietet sich eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Einsatzleiter oder auch eine Strafanzeige an. Letztere ist auch gegenüber den handelnden Beamten möglich.
  • Machen Sie bei Beschädigungen Schadensersatz geltend.
  • Bei ergebnisloser Maßnahme mit anschließender Einstellung oder Freispruch haben Sie als Beschuldigter Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG).

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