Bundesgerichtshof: Patientenverfügungen müssen konkret genug sein!

RA Thorsten Siefarth - LogoDas war ein Paukenschlag am 6. Juli 2016: Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs dürfte eine Unmenge an Patientenverfügungen unwirksam sein! Die Begründung des Gerichts in dem zugrundeliegenden Fall: Die Verfügung war zu wenig konkret. Doch was ist nun zu tun?



Streit zwischen den Töchtern

Die 1941 geborene Betroffene erlitt Ende 2011 einen Hirnschlag. Noch im Krankenhaus wurde ihr eine Magensonde gelegt, über die sie seitdem ernährt wird und Medikamente verabreicht bekommt. Im Januar 2012 wurde sie in ein Pflegeheim aufgenommen. Die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Fähigkeit zur verbalen Kommunikation verlor sie infolge einer Phase epileptischer Anfälle im Frühjahr 2013. Später musste entschieden werden, ob lebensverlängernde Maßnahmen beendet werden – oder nicht.

Dazu hatte die Betroffene 2003 und 2011 zwei wortlautidentische, mit „Patientenverfügung“ betitelte Schriftstücke unterschrieben. In diesen war niedergelegt, dass unter anderem dann, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe, „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten.

Zwischen den Töchtern kam über den Abbruch der lebensverlängernden Maßnahmen zum Streit. Dabei ging es dann auch um die Frage, inwieweit die Patientenverfügung zu berücksichtigen war.

Patientenverfügung obsolet

Der Bundesgerichtshof erläutert zu dem Fall in seiner Pressemitteilung:

Eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB entfaltet unmittelbare Bindungswirkung nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Die Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung.

Das ist zu tun!

Die Patientenverfügung der Betroffenen war damit obsolet. Was können Sie nun aber tun?

Der Bundesgerichtshof weist auch hier einen Weg: Zunächst sollten Sie in der Patientenverfügung auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen Bezug nehmen. Sodann empfiehlt es sich, für diese Situationen bestimmte ärztliche Maßnahmen zu benennen.

Also überprüfen Sie am besten die eigene Patientenverfügung! Und bei Zweifeln sollten Sie diese durch eine neue ersetzen. Meines Erachtens dürften die Vordrucke in der (kostenlos erhältlichen) Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz den vom BGH aufgestellten Anforderungen immer noch genügen.

Referenz: Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6.7.2016, Az. XII ZB 61/16

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 9.8.2016

 

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