Urteil: Nicht jede Pille ist Medizin

Eine 50-jährige Frau wollte von ihrer Krankenkasse die Kosten für Daosin-Kapseln ersetzt haben. Sie könne ohne das Präparat fast keine Nahrung vertragen. Ihr fehle ein wichtiges Enzym zum Histaminabbau. Vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen unterlag die Frau jedoch mit ihrer Klage (Urteil vom 23. Dezember 2021, Az. L 16 KR 113/21). Die Begründung des Gerichts: Es handele sich bei Daosin-Kapseln um ein Nahrungsergänzungsmittel. Diese seien jedoch – mit wenigen Ausnahmen – von der Versorgung durch die Kassen ausgeschlossen. Auf eine individuelle Einzelfallprüfung komme es nicht an. Es spiele deswegen auch keine Rolle, dass die Klägerin einen besonderen Bedarf habe oder dass ein Präparat teuer sei. Mehr Infos gibt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Heilmittelbehandlungen zukünftig auch per Video

Bisher können Heilmittelbehandlungen wie Sprach- und Ergotherapie – abgesehen von den zeitlich befristeten Corona-Sonderregelungen – ausschließlich in der Praxis der Therapeutin oder des Therapeuten oder im häuslichen Umfeld stattfinden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Donnerstag letzter Woche mit einer Änderung der Heilmittel-Richtlinien ermöglicht, dass Heilmittelleistungen zukünftig auch telemedizinisch erbracht werden können. Welche der konkreten verordnungsfähigen Heilmittel hierfür geeignet sind, sollen der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer bis Ende 2021 vertraglich festlegen. Mehr Infos gibt es in einer Pressemitteilung des G-BA.

Urteil: Querschnittsgelähmter hat Anspruch auf Handbike

Ein Handbike ist eine elektrische Rollstuhlzughilfe mit Handkurbelunterstützung. Sie kann an einen Faltrollstuhl angekoppelt werden. Die Kasse wollte jedoch nur ein günstigeres Elektrobike genehmigen. Das Landessozialgericht Hessen spricht dem Mann jedoch das Handbike zu (Az. L 1 KR 65/20). Der Behinderungsausgleich sei nicht auf einen Basisausgleich beschränkt. Mit dem motorisierten Handbike sei es ihm möglich, Bordsteinkanten und andere Hindernisse zu überwinden. Auch könne er das Handbike ohne fremde Hilfe direkt an den Faltrollstuhl anbringen. Bei anderen von der Krankenkasse angebotenen Rollstuhlzughilfen sei er hingegen auf fremde Hilfe angewiesen. Mehr Infos gibt es in der Pressemitteilung des Gerichts.

Urteil: Auch Blinde können Anspruch auf einen Elektrorollstuhl haben

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die Versorgung eines Multiple-Sklerose-Patienten mit einem Elektrorollstuhl nicht wegen Blindheit verweigert werden darf (Beschluss vom 4. Oktober 2021, Az. L 16 KR 423/20). Es sei inakzeptabel, den Mann auf die behelfsmäßige Fortbewegung mit dem bisherigen Rollstuhl zu verweisen. Sehbeeinträchtigungen seien kein genereller Grund, eine Verkehrstauglichkeit bei Elektrorollstühlen abzulehnen. Mehr Infos gibt es in der Pressemitteilung des Gerichts.