Eine Mitarbeiterin stürzt auf dem Weg zum Kaffeeautomat und verletzt sich. Doch sie muss um die Anerkennung als Arbeitsunfall streiten. In der ersten Instanz war sie unterlegen. Hat sie in der zweiten Instanz Erfolg? Ich erläutere das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Februar 2023 (Az. L 3 U 202/21). Vorab geht es um die Frage, warum überhaupt die Sozialgerichte und nicht die Arbeitsgerichte zuständig sind. Den Podcast „Arbeitsrecht in der Pflege“ gibt es über viele Podcast-Apps und bei Youtube. Die aktuelle Episode können Sie immer auch auf dieser Webseite anhören.
Unfallversicherungsrecht
Bundessozialgericht: Unfallversicherungsschutz besteht auch an einem „Probetag“
Auch in der Pflege machen Bewerber um einen Arbeitsplatz immer mal wieder einen „Probetag“. Die Frage war bisher: Muss die gesetzliche Unfallversicherung für Schäden aufkommen, die bei einem solchen „Probetag“ passieren? Das Bundessozialgericht hat das in einer aktuellen Entscheidung bejaht (Urteil vom 20. August 2019, Az. B 2 U 1/18 R). Denn die Bewerber handeln mit dem Willen des Unternehmers und erbringen eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert. Das sei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis so ähnlich, dass der Bewerber als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert sei. Insbesondere dann, wenn der Probearbeitstag es dem Unternehmer ermöglichen soll, eine Auswahl zu treffen.
Auf dem Weg zum Klienten: Pflegekraft stolpert beim Bäcker
Die Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes sucht auf dem Weg zum Klienten eine Bäckerei auf. Sie will sich einen „Coffee-to-go“ holen. Den will sie nach Verrichtung der Pflegemaßnahme auf einem Parkplatz trinken. Um den „Coffee-to-go“ zu erwerben, biegt sie nach rechts in eine Straße ab, um in der Parkbucht vor einer Bäckerei anzuhalten. Vor dem Betreten der Bäckerei stolpert sie und verletzt sich am Knie. Das ist kein Arbeitsunfall, sagt die Berufsgenossenschaft. Das Thüringer Landessozialgericht bestätigt das in einem gerade bekannt gewordenen Urteil vom 21. März 2019 (Az. L 1 U 1312/18). Die konkrete Verrichtung der Klägerin stand zum Unfallzeitpunkt nicht im sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit als Pflegekraft. Das Zurücklegen des Weges von einem Klienten zum anderen Klienten habe zwar grundsätzlich als Betriebsweg unter Versicherungsschutz gestanden. Aber auch hier muss die Verrichtung im sachlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen. Der beabsichtigte Erwerb des „Coffee-to-go“ sei jedoch als höchstpersönliche Verrichtung wie die Nahrungsaufnahme an sich oder sonstige eigenwirtschaftliche Handlungen unversichert.
Erste-Hilfe-Kurse: Berufsgenossenschaft ändert Kostenübernahme
Seit Jahresbeginn ist für die Erste-Hilfe-Kurse der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eine vorherige Kostenzusage notwendig. Diese ist vor der Schulung über ein Online-System einzuholen. Pflegeunternehmen können sich über das Online-Portal auch darüber informieren, für welche Mitarbeiter die Kosten zukünftig übernommen werden. Insbesondere ist das grundsätzlich nicht möglich für die Personen, bei denen Erste Hilfe zum Hauptberuf gehört. So z.B. bei Gesundheits- und Kranken- und bei Altenpflegern. Auch nicht bei Gesundheits- und Krankenpflegehelfern, wohl aber bei Altenpflegehelfern. Fehlt die praktische Erfahrung, trägt die BGW aber die Kosten für die notwendige Auffrischung.