Betreiber von Pflegeheimen und anderen Wohn- und Betreuungseinrichtungen dürfen die Preise nicht durch einseitige Erklärung und ohne Zustimmung der Bewohnerinnen und Bewohner erhöhen, wenn sich etwa die Betriebskosten ändern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil entschieden. Die Richter gaben damit der Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen eine in Heimverträgen übliche Klausel eines Anbieters statt.
Bislang unter Gerichten umstritten
Der Betreiber einer Pflegeeinrichtung hatte sich in seinen Heimverträgen vorbehalten, die Preise für Pflege, Unterbringung, Betreuung, Verpflegung sowie Investitionskostenpauschalen einseitig zu erhöhen, sollte sich während der Vertragslaufzeit die Berechnungsgrundlage ändern. Derartige Klauseln finden sich in vielen Einrichtungsverträgen. Ob sie nach einer Neuordnung des Heimrechts aus dem Jahr 2009 noch zulässig sind, war bislang vor allem unter Gerichten umstritten. Der BGH hat sie nun abschließend für unzulässig erklärt.
Kein Recht auf einseitige Vertragsänderung
Der Bundesgerichtshof stellte klar: Damit Preiserhöhungen aufgrund geänderter Berechnungsgrundlage wirksam werden, sei neben anderen Voraussetzungen immer die Zustimmung des Verbrauchers nötig. Dies entspreche wesentlichen vertragsrechtlichen Grundsätzen. Eine davon abweichende Regelung im Heimvertrag verstoße gegen § 9 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG). Danach habe der Unternehmer kein Recht auf eine einseitige Vertragsänderung.
Zwar könne die Höhe des Entgelts nicht frei zwischen jedem Bewohner und dem Anbieter vereinbart werden. Dennoch sollten pflegebedürftige Verbraucher durch das WBVG als gleichberechtigte Verhandlungs- und Vertragspartner gestärkt werden.
Zustimmung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen
Die Zustimmung des Verbrauchers muss dem Urteil zufolge nicht schriftlich vorliegen, sondern kann auch durch schlüssiges Verhalten signalisiert werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Verbraucher den höheren Betrag ohne Widerspruch über einen längeren Zeitraum zahlen. Bleibt die Zustimmung aus, müssten die Anbieter sie notfalls gerichtlich einklagen. Das würde es dem vzbv zufolge ermöglichen, den gesamten Ablauf und in manchen Fällen auch die Erhöhung selbst zu prüfen.
Die Grundsätze gelten nach Auffassung des BGH unabhängig davon, ob Bewohner Leistungen der Sozialversicherung erhalten oder selbst zahlen. Die Vorinstanz hatte dies noch anders beurteilt und Verbrauchern in Wohn- und Betreuungseinrichtungen ein Zustimmungsrecht bei derartigen Preisanpassungen generell verwehrt.
Referenz: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.5.2016, Az. III ZR 279/15
Quelle: Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vom 13.6.2016