Immer wieder liest man in den Medien Berichte über die Suche nach aus Alten- und Pflegeheimen verschwundenen, orientierungslosen Personen. Mit der Frage, ob der Heimbetreiber für die Kosten der zur Hilfe bei der Suche nach einer derartigen Person herangezogenen (Freiwilligen) Feuerwehr belastet werden kann, hatte sich jüngst das Verwaltungsgericht Gießen in einem jetzt veröffentlichten Urteil zu beschäftigen.
Verschwunden bei Minustemperaturen
In einem Senioren-Pflegeheim im Landkreis Marburg-Biedenkopf war im Januar 2012 nachts, es herrschten außen Minustemperaturen, bemerkt worden, dass eine damals 90 Jahre alte, demenzkranke, orientierungslose und verwirrte Heimbewohnerin sich nicht in ihrem Zimmer befand. Nach zunächst erfolgloser Suche durch das Heimpersonal, auch außerhalb der Einrichtung, informierte dieses um 4:34 Uhr die Polizei darüber, dass die Bewohnerin aus dem Pflegeheim abgängig. Außerdem sei sie demenzkrank, orientierungslos und verwirrt, jedoch „gut zu Fuß“ und wahrscheinlich nur mit einem Nachthemd und einem Bettjäckchen bekleidet.
Die Polizei ging davon aus, dass sich die Seniorin in einer hilflosen Lage befand und leitete umfangreiche Suchmaßnahmen ein. Um 6:45 Uhr forderte die Polizei die Feuerwehr zur Unterstützung bei der Personensuche an. Auch die Feuerwehr ging von der Gefahr einer erheblichen Unterkühlung oder gar eines Erfrierungstodes aus und ließ die Freiwilligen Feuerwehren mehrerer Ortsteile der Gemeinde, in der sich das Heim befand, mit mehreren Fahrzeugen und 39 Personen ausrücken.
Die aufwendige Suche war erfolgreich: Gegen 10 Uhr konnte die Frau stark unterkühlt in einem Kellerschacht liegend aufgefunden werden. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht.
Kostenbescheid über 2800 Euro
Der Gemeindevorstand der Gemeinde (als Träger der Freiwilligen Feuerwehr) berechnete dem Land Hessen (als Träger der Polizei) für den Einsatz ca. 2.800 Euro. Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden – eine Behörde der Polizeiverwaltung – erließ sodann gegenüber dem Heimbetreiber am 31. Januar 2014 einen Kostenbescheid in Höhe von 2.806,49 Euro.
Der Heimbetreiber (Kläger) erhob gegen diesen Bescheid im Februar 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Gießen. Seine Auffassung: Er könne nicht als Kostenschuldner für den Polizei- und Feuerwehreinsatz herangezogen werden.
Mit seinem Urteil hat das Verwaltungsgericht Gießen den Kostenbescheid des Präsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung aufgehoben und dem Land Hessen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Bescheid sei rechtswidrig.
In der umfangreichen Begründung des Gerichts heißt es, die Feuerwehr habe keine Auslagenerstattung fordern können. Daher sei das Land Hessen nicht berechtigt gewesen, diese Kosten vom Heimträger im Wege des Kostenbescheides zu erheben. Denn der Einsatz der Feuerwehr habe in vollem Umfang der Rettung der Seniorin aus akuter Lebensgefahr gedient. Für eine derartige Situation verbiete § 61 Absatz 6 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz – HBKG) die Erhebung von Gebühren und Auslagen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können dagegen binnen eines Monats nach der Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel die Zulassung der Berufung beantragen.
Referenz: Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 4.2.2015, Az.: 4 K 409/14.GI
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Gießen vom 25.2.2015