Die Beklagte, eine 1924 geborene Dame, hatte im November 2010 ein Testament erstellt. Darin hat sie ihren Neffen und dessen Ehefrau als Erben eingesetzt. Dieses Testament zerriss sie aber im Oktober 2013 bei einem Streit über die Erteilung einer Vollmacht. Daraufhin verlangte die Ehefrau des Neffen von der Beklagten die Vergütung von insgesamt 345 Stunden mit einem Stundensatz von 15 Euro. Ihre Forderung hatte sie auf einem Karopapier handschriftlich zusammengestellt. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat die Klage jedoch in zweiter Instanz abgewiesen.
Vergütungserwartung fehlgeschlagen?
Die Prüfung des Gerichts dreht sich vor allem um die Fragen, ob eine „fehlgeschlagene Vergütungserwartung“ der Klägerin vorlag. § 612 Abs. 1 BGB sieht nämlich vor: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“
Die Richter erkennen zunächst einmal an, dass durchaus Fallgestaltungen erfasst werden, in denen jemand in Erwartung künftiger Vermögenszuwendungen (Hofübergabe, Erbeinsetzung) Arbeit leistet, ohne dass diese während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses überhaupt oder nur deutlich unzureichend vergütet wird.
Allerdings konnte die Klägerin hier nicht erwarten, für ihre Leistungen vergütet zu werden. Als da z.B. waren:
- „Kaffeeklatsch“ (insgesamt 510 Min.)
- „Einladung zu Weihnachten“ (75 Min.)
- „Telefonate“, „kurze Gespräche“ (15 Min.)
- Geburtstagsbesuch mit selbstgebackenem Käsekuchen (210 Min.).
Objektiver Maßstab anzulegen
Das Gericht erläutert:
Auch wenn die Klägerin – wie die Berufung betont – keinerlei sozialen Motive hatte, und sich nicht aus Gefälligkeit oder verwandtschaftlicher Verbundenheit um die Beklagte kümmern wollte, sondern nur aufgrund der testamentarischen Erbeinsetzung tätig geworden ist, steht dies dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Die Berufung verkennt, dass es nicht auf die Motivlage der Klägerin ankommt, sondern ein objektiver Maßstab unter Berücksichtigung der Verkehrssitte anzulegen ist. Danach werden die oben angeführten Leistungen unter allgemeinen moralischen und sittlichen Gesichtspunkten üblicherweise nicht entlohnt oder vergütet.
Und weiter:
Es stellt nach der Verkehrssitte auch keine vergütungspflichtige Dienstleistung dar, dass die Klägerin mit der Beklagten am 01.11.2010 ein Gespräch (120 Min.) darüber geführt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen sie bereit sei, ihr im alltäglichen Leben zu helfen („Hilfe gegen Erbe“), oder dass sie sich mit der Beklagten am 11.11.2010 (75 Min.) über das errichtete Testament („Testament vom 08.11.2010“) unterhalten hat.
Einmal ganz abgesehen davon, dass das Gericht die Leistungen teilweise zu pauschal fand (z.B. für „Besorgungen“ sollen 63 Stunden angefallen sein). Auch der Stundensatz in Höhe von 20 Euro war den Richtern zu hoch (die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten zunächst auch nur 15 Euro verlangt).
Fazit
Zwar ist eine Vergütung durchaus denkbar, wenn der Dienstleister seine Tätigkeiten in Erwartung eines Lohnes für sein Tun erbringt. Allerdings muss dann nach objektiven Maßstäben auch wirklich mit einer Entlohnung zu rechnen sein. Bei Kaffeeklatsch oder Besuch mit selbstgebackenem Käsekuchen ist das aber jedenfalls nicht mehr der Fall.
Referenz: Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 6.8.2015, Az. 5 Sa 123/15
In dem beschriebenen Fall wurde die Beklagte – zu Unrecht – belangt.
Nun stellt sich die Frage, wer in einem solchen Fall haftbar gemacht werden kann, wenn der Erblasser arglistig durch Testament diese Leistung nicht vergütet. Jahr(zehnt)elang unentgeltlich gearbeitet und dann zu Gunsten einer Alleinerbin enterbt zu werden, die nie eine Leistung erbracht hat. Der Erblasser hat sich des Betrugs schuldig gemacht und kann nicht mehr belangt werden. Ob der Alleinerbin Unterschlagung oder Beihilfe zum Betrug vorgeworfen werden kann, ist bisher rechtlich nicht bekannt. Erbschleicherei ist bisher nicht strafbar.