Hat eine Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert, so besteht regelmäßig kein Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente. Nur wenn besondere Umstände die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe widerlegen, kann eine entsprechende Rente beansprucht werden. Hiervon ist regelmäßig nicht auszugehen, wenn die tödlichen Folgen einer schweren Krankheit bei Eheschließung für den Verstorbenen vorhersehbar waren. Dies entschied aktuell das Hessische Landessozialgericht.
Rentenversicherung gewährt wegen Versorgungsehe keine Witwenrente
Eine 1951 geborene pflegebedürftige Frau aus Kassel beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung Witwenrente, nachdem ihr 1949 geborener Ehemann im Juni 2013 an den Folgen eines Krebsleidens verstorben war. Die Eheleute waren bereits während der Jahre 1980 bis 2000 verheiratet. Im Jahr 2011 zogen sie wieder zusammen. Am 23. Oktober 2012 wurden bei dem Ehemann mehrere Metastasen in der Leber und den Lymphknoten diagnostiziert. Zehn Tage später heirateten die geschiedenen Eheleute im Krankenhaus erneut.
Die Rentenversicherung lehnte die von der Witwe beantragte Hinterbliebenenrente ab. Die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Zum Zeitpunkt der erst fünf Tage zuvor beim Standesamt angemeldeten Eheschließung sei bereits abzusehen gewesen, dass eine ernstzunehmende Erkrankung vorliege.
Die Frau wandte hiergegen ein, dass bereits bei ihrer Verlobung im Oktober 2010 als Hochzeitstag der 31. Oktober 2012 – und damit der 33. Kennenlerntag – festgestanden habe. Zudem habe sie zum Zeitpunkt der Eheschließung die negativen Heilungsaussichten nicht gekannt. Somit hätten bei ihre keine Versorgungsabsichten bestanden.
Der Verstorbene wusste bei der Eheschließung bereits von seiner schweren Krebserkrankung.
Die Richter beider Instanzen haben die Entscheidung der Rentenversicherung bestätigt.
Der Gesetzgeber habe im Jahr 2001 geregelt, dass ein Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente nicht bestehe, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Anders sei dies nur, wenn wegen besonderer Umstände nicht davon auszugehen sei, dass die Heirat allein oder überwiegend einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung bezwecken solle. Solche Umstände seien u.a. bei einem plötzlichen unvorhersehbaren Tod (z.B. in Folge eines Unfalls) anzunehmen oder wenn die tödlichen Folgen einer Krankheit bei Eheschließung nicht vorhersehbar gewesen seien. Weiß ein Versicherter hingegen bei der Heirat bereits von seiner lebensbedrohlichen Erkrankung, so sei die gesetzliche Vermutung, dass es eine Versorgungsehe vorliege, in der Regel nicht widerlegt. Diese gelte umso mehr, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit gewesen sei.
Im vorliegenden Fall sei – so die Richter – von einer Versorgungsehe auszugehen. Dabei sei unbeachtlich, dass die Frau erst nach der Eheschließung über die schlechten Heilungsaussichten informiert gewesen sei. Denn jedenfalls habe ihr verstorbener Ehemann bereits zuvor von der Schwere seiner Krebserkrankung gewusst. Auch habe dieser auf eine Eheschließung noch im Krankenhaus gedrängt. Dies spreche dafür, dass er vorrangig eine Versorgung seiner pflegebedürftigen Frau angestrebt habe, was im konkreten Fall die Versagung der Witwenrente zur Folge hatte.
Referenz: Urteil des Landessozialgerichts Hessen vom 17.12.2017, Az. L 5 R 51/17
Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Hessen vom 24.1.2018