Für häusliche Krankenpflege ist im Idealfall ein Versorgungsvertrag und eine Vergütungsvereinbarung notwendig. Aus einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (14. Juli 2022, Az. B 3 KR 1/22 R) ergibt sich aber: Wenn kein Versorgungsvertrag abgeschlossen wurde, dann kann – unter bestimmten Voraussetzungen – ein Pflegedienst für einen zurückliegenden Zeitraum (!) eine Vergütungsvereinbarung verlangen. Ganz generell gilt: Sowohl Versorgungsverträge als auch Vergütungsvereinbarungen können rückwirkend abgeschlossen werden. Das relative komplexe Verfahren sowie das Urteil werden hier näher erläutert.
Häusliche Krankenpflege
Kasse muss für Versorgung eines suprapubischen Blasenkatheters zahlen
Es ging um die Versorgung in einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Erbringt ein Pflegedienst dort Leistungen der häuslichen Krankenpflege, dann muss die Krankenkasse die Kosten dafür übernehmen (§ 37 SGB V). Allerdings nicht für „einfachste Maßnahmen“. Das Sozialgericht Stuttgart hält die Versorgung eines suprapubischen Blasenkatheters jedoch nicht für eine „einfachste Maßnahme“ (Urteil vom 23. Juni 2021, Az. S 15 KR 636/20). Unter anderem deswegen, weil bei der Klägerin Entzündungen und symptombehaftete Harnwegsinfekte vorlagen. Also muss die Kasse den Pflegedienst bezahlen. Mehr Infos gibt es bei Juris.
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Behandlungspflege für Bewohner von Senioren-WGs: AOK unterliegt auch in zweiter Instanz
Ich war gestern bei der Verhandlung vor dem Landessozialgericht München dabei. Es ging um drei Fälle. In allen hatte die AOK den Bewohnern von ambulant betreuten Senioren-WGs Leistungen der Behandlungspflege gestrichen. Es ging um „einfache“ Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege, wie z. B. Blutzuckermessungen oder Medikamentengabe. Bereits das Sozialgericht Landshut hatte den Versicherten Recht gegeben. Nun unterlag die AOK gestern auch in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht (Az. L 5 KR 402/19, L 5 KR 403/19, L 5 KR 404/19). Ein Argument: Es gibt vor Ort zwar einen Betreuungsdienst. Der zugrundeliegende Vertrag sieht aber nur vor, dass dessen Kräfte vor allem für die psychosoziale Betreuung zuständig sind. Für die medizinische Versorgung bestehe weder eine Rechtsgrundlage, noch seien die Kräfte dafür ausgebildet. Deswegen bleibt den Versicherten nichts anderes übrig, als die Leistungen von einem ambulanten Pflegedienst erledigen zu lassen. Dafür müsse die AOK nach § 37 SGB V dann auch die Kosten übernehmen. Die AOK kann gegen die Urteile Revision zum Bundessozialgericht einlegen.