Der GKV-Spitzenverband hat die Überarbeitung und Fortschreibung des ca. 32.500 Produkte umfassenden Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses abgeschlossen. Bei seiner Vorstellung vor wenigen Tagen in Berlin vertrat er die Auffassung, dass die Versicherten nun Hilfs- und Pflegehilfsmittel in höherer Produktqualität erhielten. So dürfe beispielsweise das Eigengewicht von Rollatoren zukünftig 10 Kilogramm nicht mehr überschreiten. Außerdem seien Ankipphilfen, anatomische Handgriffe sowie allseitige Reflektoren notwendig. Auch bestehe zukünftig ein Anspruch auf innovative Produkte, wie z. B. ein motorbetriebenes und computergesteuertes Exo-Skelett (dadurch können Querschnittsgelähmte aufstehen, sich hinsetzen, stehen und gehen). Ferner müssen die Leistungserbringer nunmehr umfassend beraten. Dazu gehört auch: Sie haben Versicherte vorab über Produkte aufzuklären, die möglichst günstig und mehrkostenfrei sind.
Hilfsmittel
BGH-Urteil: Private Krankenversicherung muss auch für Wartung von Hilfsmitteln zahlen
Für die Beinprothese eines Mannes, ein computergesteuertes Kniegelenk, war nach 24 Monaten eine Service-Inspektion fällig. Die Kosten in Höhe von knapp 1.700 Euro wollte die private Krankenversicherung aber nicht zahlen. Es handele sich laut Versicherung um keine medizinisch notwendige Heilbehandlung. Der Bundesgerichtshof sah das anders (Urteil vom 7.11.2018, Az. IV ZR 14/17). Der Tarif des Mannes beinhalte „Kosten für technische Mittel, die körperliche Behinderungen unmittelbar mildern oder ausgleichen sollen“. Das umfasse alle Kosten, „die er aufwenden muss, um das Hilfsmittel in einem technisch sicheren und gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten“. Also: Die Versicherung muss auch die Wartung bezahlen – und zwar dann, wenn sie „technisch geboten“ ist. Ob das hier der Fall war, muss jetzt noch das Landgericht Stuttgart klären.
BVMed-Infokarte und Patienteninformation zur Hilfsmittelversorgung aktualisiert
Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hat seine Infokarte zu Anspruch, Verordnung und Erstattung von Hilfsmitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aktualisiert. Ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht wurde die BVMed-Patienteninformation „Rechtliche Grundlagen zur Hilfsmittelversorgung“. Sie erklärt konkret und verständlich, welche Rechte und Pflichten Versicherte im Zusammenhang mit der Versorgung mit Hilfsmitteln haben. Die Infomaterialien richten sich an Patienten, Angehörige, Leistungserbringer und Ärzte. Download unter: www.bvmed.de/infokarten. Mehr lesen
Urteil: Kasse muss aufwendiges Fußheber-System bezahlen
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass zwei an fortgeschrittener Multipler Sklerose leidende Versicherte Anspruch darauf haben, von ihren jeweiligen Krankenkassen mit einem modernen, technisch aufwändigen Fußheber-System versorgt zu werden (Urteile vom 15.6.2018, Az. L 4 KR 531/17, L 11 KR 1996/17). Das System Ness L 300 (Kostenpunkt ca. 5.500 Euro zuzüglich verschiedener Zusatzkosten) sendet drahtlos kleine elektrische Impulse an den Wadenbeinnerv und stimuliert dadurch die Fußheber. Es erfasst in Echtzeit die Gehposition, die verschiedenen Gehgeschwindigkeiten sowie Änderungen in der Untergrundbeschaffenheit. Die Krankenkassen lehnten die Anträge ab und verwiesen auf kostengünstigere Systeme. Anders die Sozialrichter: Im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs dürften Versicherte nicht auf kostengünstigere, aber weniger wirksame Hilfsmittel verwiesen werden. Vielmehr haben sie Anspruch auf einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. In beiden Fällen haben medizinische Gutachten und auch Videodokumentationen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des Sachverhalts gespielt.