Für die Begleitung seiner Tochter vor anstehenden Besuchen in einem Kinderhospiz erhielt ein Polizeibeamter immer wieder Sonderurlaub. Dann aber auf einmal nicht mehr. Die Begründung der Dienststelle: Weil die Tochter immer noch am Leben sei, bestünden Zweifel daran, dass für sie wirklich nur noch eine begrenzte Lebensdauer von wenigen Monaten zu erwarten sei. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat die Polizeidirektion Osnabrück jedoch einstweilig verpflichtet, dem Polizeibeamten Sonderurlaub zu gewähren.
Personalknappheit
Die 25-jährige Tochter leidet an einer angeborenen und unheilbaren Stoffwechselkrankheit und ist mit einem Grad der Behinderung von 100 als Schwerbehinderte anerkannt. Sie kann nicht mehr sprechen, ist auf den Rollstuhl angewiesen und der höchsten Pflegestufe zugeordnet.
Nachdem die Polizeidirektion dem Antragsteller über Jahre wiederholt Sonderurlaub für die Begleitung bei Hospizaufenthalten gewährt hatte, lehnte sie dessen Bewilligung nun ab. Dagegen hat sich der vorläufige Rechtsschutzantrag gerichtet, mit dem der Vater die Bescheinigung des Chefarztes eines Klinikums vorgelegt hat, wonach das Gesamtkrankheitsbild als palliative Situation einzuschätzen sei, die Krankheit sich in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium befinde und die Lebenserwartung mit Sicherheit als sehr begrenzt anzusehen sei. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt der behandelnde Internist in einer ebenfalls überreichten Bescheinigung.
Die Polizeidirektion ist dem mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, dass nunmehr die allgemeine Personalknappheit und die verstärkt wahrnehmbaren Aufgabenverdichtungen in den Fokus der Entscheidung gerückt seien.
Seit 10 Jahren Sonderurlaub unter gleichen Voraussetzungen
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat dem Antrag des Mannes stattgegeben. Begründung: Auf Grund der ärztlichen Atteste stehe für das Gericht fest, dass die Voraussetzung für die Sonderurlaubsgewährung – dass das Kind nach ärztlichem Zeugnis an einer Erkrankung leide, die eine begrenzte Lebensdauer von wenigen Monaten erwarten lasse – gegeben sei.
Die Sichtweise in dem angefochtenen Bescheid, dass aus der Gewährung von Sonderurlaub seit 10 Jahren unter gleichen Voraussetzungen ohne Versterben der Tochter des Antragstellers folge, dass keine begrenzte Lebensdauer von wenigen Monaten zu erwarten sei, sei unvertretbar, wenn nicht sogar zynisch. Zu Ende gedacht würde diese Sichtweise bedeuten, dass ein mehr oder weniger glücklicher oder zufälliger Verlauf der Erkrankung in der Vergangenheit an die Stelle der ärztlichen Prognoseeinschätzung treten würde.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.
Referenz: Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 31.5.2016, Az. 3 B 8/16
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgericht Osnabrücks Osnabrück vom 1.6.2016