Urteil: Sozialamt kann Pflegebedürftigen nicht wegen Behinderung zum Heimwechsel zwingen 25. Mai 202125. Mai 2021RA Thorsten Siefarth Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat am 3. Mai 2021 entschieden, dass behinderte Pflegeheimbewohner nicht gegen ihren Willen in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung wechseln müssen. Das Sozialamt kann die Bewohner nicht zu einem solchen Wechsel zwingen. Sozialamt stellt Zahlungen ein Zugrunde lag ein Eilverfahren eines 52-jährigen schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mannes. Dieser lebt seit Februar 2019 in einem Pflegeheim im Harz. Die nicht durch sein Einkommen gedeckten Heimkosten übernahm zunächst das zuständige Sozialamt des Ennepe-Ruhr-Kreises. Dieses teilte dem Mann jedoch im Oktober 2020 mit, dass eine Betreuung in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung bei seinen Einschränkungen geeigneter sei. Die derzeitige Unterstützung stellte das Sozialamt ein: Er solle stattdessen einen Antrag bei dem für Eingliederungshilfe zuständigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe stellen. Pflegebedürftiger verweigert einen Wechsel Der Mann fühlt sich in der bisherigen Einrichtung gut versorgt und lehnt einen Wechsel ab. Er befürchtet, dass die erforderliche pflegerische Versorgung in einer anderen Einrichtung nicht ausreichend gewährleistet wird und sich seine angegriffene Psyche verschlechtert. Aus Überforderung habe er schon mehrfach Essen und Untersuchungen verweigert. Wegen des hohen Pflegebedarfs hätten Behinderteneinrichtungen ihn abgelehnt. Ohne die jetzt eingestellte Unterstützung des Sozialamts drohe die Kündigung des Pflegeheimplatzes. Gericht: Unzulässiger Druck Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat das Sozialamt vorläufig zur weiteren Übernahme der Heimkosten verpflichtet. Für das Recht auf Eingliederungshilfe sei die Wahrung von Menschenwürde und Selbstbestimmung von wesentlicher Bedeutung. Die freie Entscheidung behinderter Menschen gegen die Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe müsse geachtet und respektiert werden. Autonomie, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung behinderter Menschen seien vorrangig vor vermeintlich besseren Hilfsangeboten. Da der Pflegebedarf des Mannes in dem derzeit bewohnten Heim gedeckt werde, habe er weiterhin Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Mit der Verweigerung der bisherigen Unterstützung habe das Sozialamt unzulässig Druck ausgeübt. Referenz: Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2021, Az. L 8 SO 47/21 B ER. Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Mai 2021 Das könnte Sie auch interessieren: Ehemann verweigert seiner pflegebedürftigen Ehefrau die Unterstützung: Sozialamt muss einspringen! Spareinlage für Enkel: Sozialamt darf darauf zugreifen, wenn Oma die Heimkosten nicht aufbringen kann Urteil: Für Versorgungsvertrag braucht Pflegeheim ein Angebot „rund um die Uhr“